Wir eröffneten unsere erste Spielzeit in Graz mit einem fast vierstündigen Menschheitsepos. Meine bisher längste Theaterarbeit - und eine echte Herzensangelegenheit. Eingeladen zu den Internationalen Maifestspielen in Wiesbaden.
Von Tankred Dorst, Mitarbeit Ursula Ehler
Merlin | Michael Pietsch als
Parzival, Elaine, diverse | Julia Gräfner
Herzeloide, Sir Gawain, Sir Lamorak, diverse | Franz Solar
König Artus, diverse | Fredrik Jan Hofmann
Sir Kay, diverse | Raphael Muff
Schreinermeister, Sir Lancelot, diverse | Florian Köhler
Mordred, diverse | Benedikt Greiner
Ginevra, diverse | Evamaria Salcher
Sumaiya Akther | Sir Gareth
Elisabeth Wondrack | Morgause
Regie | Jan-Christoph Gockel
Bühne | Julia Kurzweg
Kostüme | Sophie du Vinage
Puppenbau | Michael Pietsch
Musik und Hörspiel | Matthias Grübel
Dramaturgie | Karla Mäder
Theater der Zeit | Dezember 2015
Eine Menge Holz. Gockel hat den Wald gelichtet, ohne die buntesten Blüten von Dorsts Phantasie zu kappen. Die Inszenierung ist ein klares Bekenntnis zum szenischen Wildwuchs. Es gibt Lautes und Leises, heiligen Ernst und heillosen Klamauk, Popsongs, Pathos (u.a. dank Fantasyfilm-tauglicher Musik) und Puppenspiel. (...) Dieser überbordende Auftaktabend ist aufregend und anstrengend, enervierend und faszinierend zugleich. In den zwiespältigen Gefühlen, die er auslöst, spiegelt sich auch die widersprüchliche Wahrnehmung einer schwer zu fassenden Welt. (...) Ein Theater auf Tuchfühlung mit seinen Besuchern.
kultrefgraz.wordpress.com | 9. Dezember 2015
Mal vorweg gestellt - ja, das Stück dauert wirklich ganze vier Stunden. Und: ja, es sind vier gelungene Stunden. (...) In "Merlin" wird der Zuschauer grundsätzlich dazu angehalten, aktiv mitzudenken. Es geht nicht bloß darum, anzusehen und einzufühlen; vielmehr wird es dem Zusehenden überlassen, Botschaften und Doppelbödigkeiten selbst herauszulesen. (...) "Merlin" schwankt immer wieder zwischen slapstickhafter Komik, grotesken Momenten und bitterem Ernst. Trotzdem gelingt es, die lachhaften Momente des Puppenspielens durch gut positionierte Denkanstöße auszubalancieren - nicht zuletzt wegen der gelungenen Besetzung. Allen voran Julia Gräfner, die als Parzifal und Lady Elaine eine Bandbreite an Emotionen präsentiert, und Benedikt Greiner als Mordred, der es gekonnt schafft, die vierte Wand immer wieder zu durchbrechen, ohne aus seiner Rolle zu fallen.
Die neue Intendanz im Schauspielhaus hat mit diesem intrikaten Stück einen gelungenen Einstieg in ihre erste Grazer Saison geschafft - angefangen mit der bildgewaltigen Bühnengestaltung unter der Leitung von Julia Kurzweg, die es schafft, die teilweise sehr komischen Elemente der Inszenierung gut auszubalancieren, bis hin zum neuen Ensemble, das noch einige sehenswerte Stücke verspricht. Etwas lang, aber sehenswert - die zeitgenössisch kolorierten Metaphern versprechen einen Theaterabend, der zum eigenständigen Denken anregt.
Bühne | November 2015
Über vier Stunden lang hielt das neue Ensemble das Publikum in Atem. (...) Der Blick auf die Menschheitsgeschichte berechtigt nicht zu übergroßem Optimismus. Die nahe Zukunft am Schauspielhaus Graz sieht dagegen vielversprechend aus.
Just Business | November 2015
Die Uraufführung von "Merlin oder Das wüste Land" hatte einst 15 Stunden gedauert, das Grazer Publikum erlebt die Geschichte der Menschheit und des Weltgeschehens verdichtet in 3,5 Stunden, getragen von einem erstklassigen Ensemble.
achtzig.com | 28. Oktober 2015
Das Ensemble glänzt quasi ausnahmslos vor grandiosem Bühnenbild.
theaterpur.net | 23. Oktober 2015
Nur acht Darsteller bewältigen die Vielzahl der Charaktere - und das mit überwältigender Wandlungsfähigkeit bei dennoch durchschaubarer Logik und Transparenz. (...) Wie Pietsch und seine Kollegen die Puppen - bis zu einem Soldatenheer und der monströsen, lebensgroßen, Blut besudelten Soldatenbraut aus weißem Styropor - manipulieren und führen, das ist von staunenswerter Faszination. (...) Auch Shakespeares Sommernachts-Handwerker und manch` anderes Welttheater werden zitiert. Das macht diesen opulenten, überraschend kurzweilig unterhaltsamen Theaterabend zum großen Ereignis, dem das sehr aufgeschlossene steirische Publikum ostentativ begeistert und animiert folgte. Ein mutiger Auftakt, der durch die politischen Ereignisse der letzten Wochen frappierende Aktualität gewann. Gerührt verneigte sich der greise Autor (der seine künstlerische Laufbahn als Puppenspieler begann) bei der Premiere.
kultrefgraz.wordpress.com | 19. Oktober 2015
"Merlin oder Das wüste Land" von Tankred Dorst im Schauspielhaus Graz zeigt eindrucksvoll wie aktuell ein Jahrhunderte alter Mythos sein kann. Regisseur Jan-Christoph Gockel lässt dazu auch noch die Puppen tanzen; mutig aber definitiv sehenswert. (...) Die intensiv bespielte Länge merkt man dem Ensemble nicht an, die Waage zwischen Ernsthaftigkeit und Klamauk wird glaubwürdig gehalten. (...) Zerstörung führt das Publikum in das "wüste Land" - innerlich wie äußerlich werden die Gefühlswelten der Figuren beleuchtet und langsam aber sicher demontiert. Die Hintergründe und Anstöße sind so unterschiedlich wie die Charaktere selbst.
Die Furche | 1. Oktober 2015
Mit der Tafelrunde will er die Demokratie, aus dem heiligen Gral eine sinn- und friedenstiftende Religion destillieren. Beides geht schief. Immer wieder scheitert der Teufelssohn Merlin an seinen menschlichen Versuchsobjekten, die von einem hervorragend spielenden Ensemble dargestellt werden.
Süddeutsche Zeitung | 30. September 2015
Mit mitreißender Spielfreude und gutem Schmäh gelingen dem aus alten und neu engagierten Schauspielern zusammengesetzten Ensemble mindestens zwei Weltklasseszenen.
Falter | 30. September 2015
Überhaupt bot das Ensemble, das sich zahllose Rollen teilt, nach verständlicherweise angespanntem Start eine beglückend starke Performance. Und erntete gemeinsam mit dem anwesenden Autor viel freundlichen Applaus.
kultrefgraz.wordpress.com | 27. September 2015
In einer annähernd vier Stunden langen Darbietung von Tankred Dorsts Interpretation der Artussage begeistert das Team unter Regie von Jan-Christoph Gockel mit einer großartigen Ensembleleistung. Seit Monty Python hat man vermutlich keine derart amüsante Herangehensweise an diesen dystopischen Stoff gesehen. (...) Zwischenzeitlich wird zudem die Tafelrunde in die Zeit der Aufklärung portiert. An dieser Stelle nimmt das Stück dann zusätzlich Bezug zur heutigen Tages- und Flüchtlingspolitik. Es ist ein bitterböser Moment, wenn Mordred das zuvor auf die Bühne in die Tafelrunde eingeladene Publikum zurück ins Meer schickt, weil sie doch nicht erwünscht sind. (...) Sicherlich, vier Stunden sind lang. Aber das, was das Schauspielhaus hier auf die Bühne gebracht hat, lässt vier Stunden sehr kurzweilig erscheinen. Der Applaus zum Abschluss ist sehr frenetisch ausgefallen. Zu Recht.
Der Standard | 26. September 2015
Das mit seinen fast 100 Szenen eigentlich unspielbare und umso besser lesbare Drama bekommt in Graz fast 35 Jahre nach seinem Erscheinen einige neue Facetten. (...) Das neue Ensemble gibt Anlass zur Freude: Etwa Fredrik Jan Hofmann als Artus und Benedikt Greiner als dessen Sohn Mordred, der die Tafelrunde stellvertretend für die Festung EU beschimpft. Der vierstündige Abend ist nie langweilig und dreht sich wie eine Schraube durch die Geschichte, Stilrichtungen wie Gewebeschichten passierend.
Kronen Zeitung | 26. September 2015
Ein lustvoller Kraftakt zum Start. Es ist ein monumentales Werk, das Tankred Dorst mit "Merlin oder Das wüste Land" geschaffen hat. Zum Start von Intendantin Iris Laufenberg bringen es Regisseur Jan-Christoph Gockel, Puppenmagier Michael Pietsch und ein groß aufspielendes Ensemble auf die Bühne. (...) Eine erstaunliche emotionale Bandbreite zeigt Benedikt Greiner als Mordred. (...) Dreieinhalb Stunden voller Spielfreude, Aktualität, originellen Einfällen und prallem Theater. So möge es bitte weitergehen!
Die Presse | 26. September 2015
Hier wird "Merlin oder Das wüste Land" in ein Märchen mit viel Klamauk und Lust am Spiel verwandelt.
Kleine Zeitung | 26. September 2015
Zugegeben, vier Stunden sind relativ viel Lebenszeit. Aber gut zugebrachte bei diesem "Merlin" am Grazer Schauspielhaus. (...) Durchwegs in Mehrfachrollen spielen alte und neue Ensemblemitglieder glanzvoll auf.
Salzburger Nachrichten | 26. September 2015
Eine neue Intendanz gilt es mit einem Knaller zu eröffnen. "Merlin oder Das wüste Land" ist so einer. (...) Ein Theater, das trotz der Gesamtlänge um Kurzweil bemüht ist, keine Rücksichten auf die Ansprüche der Germanisten nimmt. Das von Leichtigkeit geprägt ist, aber nicht nur in der finalen Menschheitsbeschreibung über den untergegangenen Zwergenplaneten auch nahegeht.
Austria Presse Agentur | 25. September 2015
Eine fantasievolle Menschheitsgeschichte hat das Grazer Schauspielhaus am Donnerstag mit Tankred Dorsts "Merlin" als erste Premiere der neuen Direktion auf die Bühne gebracht. Zusammen mit den Puppen von Michael Pietsch gelang dem spielfreudigen Ensemble ein unterhaltsamer Abend. (...) Langweilig wurde es auch in vier Stunden nicht. (...) Das Ensemble erwies sich als ungemein wandlungsfähig und ambitioniert.
nachtkritik.de | 24. September 2015
Bildmächtige Szenerien, lustvolle Gruppen-Improvisationen, eine durchaus draufgängerische Mixtur aus dick aufgetragener Hintersinnigkeit und naiv ausgespieltem, gelegentlich ins Kraut schießendem Klamauk. (...) Regisseur Jan-Christoph Gockel schreibt uns den Denkstoff nicht vor, er hat sich eher assoziativ denn planvoll ans Kürzen und Neu-Zusammenstellen des Text-Molochs gemacht. Das Kaleidoskopartige der Vorlage bleibt erhalten, wird eher noch aufgefettet durch Anspielungen auf Tagesaktualitäten. Der Regisseur ist ein Märchenerzähler, der stark auf Gedankenblitze setzt.
kleinezeitung.at | 24. September 2015
Grandioses Panoptikum. Regisseur Jan-Christoph Gockel malt mit Tankred Dorsts "Merlin oder Das wüste Land" in knapp vier Stunden ein schillerndes Monumentalgemälde der menschlichen Unbelehrbarkeit. (...) Das Monumentale wird hier monumental gefeiert, gestützt nicht zuletzt durch Julia Kurzwegs phänomenales Bühnenbild, überragt vom Stamm eines Mammutbaums. Unterstützt von Puppenspieler Michael Pietsch und einem großteils neuen Ensemble, das sich im dorstschen Panoptikum hervorragend präsentieren kann, gelingt ein bemerkenswerter Abend, dessen auch bemerkenswerte Länge erst gegen Ende zur Herausforderung wird. Auf jeden Fall: ein gelungener Auftakt für das neue Team, dem im langen Schlussapplaus der Auftritt des bald 90 Jahre alten Dramatikers und seiner (Schreib-)Partnerin Ursula Ehler noch eine besondere Note verlieh.